21. November 2011

Schon wieder Neues von der Steinplatte, ja hört denn das gar nie auf?!

David Lama fühlt sich anscheinend im Unterland sehr wohl. Vergangene Woche konnte er sich die erste Wiederholung der Mehrseillängen-Route "Woher Kompass" 8a+ am Wieslochpfeiler oberhalb von Waidring, rechts oder auch östlich der Steinplatte sichern. Die sehr technische dritte Länge (7c+) und die nicht weniger technische letzte Länge (8a+) gelingen ihm im zweiten Versuch, den Rest (bis 7b+) konnte er onsight klettern.

Hier ein Text von Klaus Geiswinkler zur Erstbegehung ....

Woher kommt das - Ähh, was heißt hier Kompass, ziemlich verwirrend, blöder Name – vielleicht Ruhegebiet oder meinte Stefan Ruhrgebiet? Alles Rotscha oder was? Die Idee war zwar nicht mehr ganz neu, aber dafür ziemlich schlecht; jetzt mal im Ernst: Die Idee für diese Linie war schon über 10 Jahre alt. Baika war dieser glatte Wandteil schon 1984 aufgefallen, als sie rechts daneben die "Kitzbühlerplatte" eingebohrt hatten. Damals die erste Rotpunkt gekletterte 8+Route im östlichen Teil der Steinplatte.
Einbohrung: Da wir ernstzunehmende heldenhafte Alpinisten sind, war die wichtigste Ausrüstung unser 120-Meter Späleo-Seil und die Benzinbohrmaschine. Auf Grund unseres Übergewichtes setzten wir auf rostfreie Klebehaken Marke Austrialpin, gesponsert vom Alpenverein und den Zipfelwürmern… ähh Zipfelstürmern… Gipfelwürmer – Tschuldigung, kleines Wortspiel von mir! – nur so zur Auflockerung! (Auf Grund der geographischen Nähe Innsbruck Steinplatte Waidring war klar, dass uns der AV-Innsbruck unterstützen würde. So brauchten wir den Kitzbühelern kein Loch ins Budget bohren! Brumm, Brumm!). Da bekanntlich im Frühjahr südseitig kein Schnee mehr liegt, stapften wir hüfttief von Norden her mit 300 kg (vielleicht auch mehr). Unser Grundsatz war immer schon Ausrüstung gibt Sicherheit. Und heute hatten wir besonders viel Angst! Nach zwei Stunden bester Sherpaleistung erreichten wir endlich den Wieslochgipfel und fixierten unser Seil an vier Latschen und drei Klebehaken (sicher ist sicher!). Brumm, Brumm und vibrier, schon lachen die ersten Bohrhaken vor mir. Geblendet vom Glanz der Bohrhaken waren wir uns sicher, dass wir die Wand locker technisch durchsteigen konnten. Die Bohrmaschine als Griff (Maestri) deponieren, wäre natürlich auch eine Möglichkeit! Ach, hat sich erledigt, es ist doch ein gutes abschüssiges Zweifingerleisterl vorhanden . Von einem Winzling zum nächsten Winzling, der sich Griff schimpft, bohrten wir uns zum Einstieg nach unten. Am ersten Tag hatten wir die oberen zwei Seillängen eingerichtet. Manuela und Birgit warteten bei idealem Piz Buin-Wetter (Regen, Platzregen und Nieselregen) am Wandfuß und konnten es gar nicht erwarten, die zwei ausgefrorenen und verdreckten Helden wieder aufzumuntern. Der Held, der lässt die Arbeit ruhn und freut sich auf die Mädels nun. Birgit und Baika vervollständigten das Kunstwerk am darauf folgenden Wochenende bei schönem Wetter.
Erste Versuchung: Die erste Seillänge ist schon recht spektakulär, leicht überhängend, Dach, weiter Zug über die Kante als Schlüsselstelle. 20 Meter, 8-, Spaziergang für gute Kraxler, doch leider hatten wir dicke Arme und einen Hügel in der Hose (hinten). Zweite Seillänge: Kleingriffige, überhängende Wand mit gschissenem Übergang ins Flache. Fels a la Ceüse, 9-, Traumlänge. Dritte Seillänge: Sie ist zwar etwas länger (35 Meter), dafür aber nicht so leicht. Knapp senkrecht, Griffe sind spärlich aber schlecht, Tritte kaum vorhanden. Gott sei Dank haben wir zwei Deppen ausgerechnet hier mit Haken gespart. Scharrrr…, reffl…, schwub…-UUUUUUAAAAAA-HHHHH!!! …Poa, koa Bretzn!!!! Jung, dynamisch, erfolglos, wir sammeln Flugmeter! Nach einigen stillosen Abgängen (Angstschrei und schlechte Haltungsnoten) und nach einem nachträglich gebohrten Haken fügt sich ein genialer Boulder an den nächsten. Dann gelingt uns beiden ein sturzfreier Durchstieg – wir sind uns einig – 9+, eine der schönsten und kompliziertesten Längen, die wir je geklettert sind. Die Seillänge danach ist ganz gut um sich für die letzte Gemeinheit auszurasten. Letzte und Schlüssellänge: Und wieder fordert uns der Fels alles ab, besonders ab. Ab und zu abwärts. Zefix! Acht bis elf Versuche später: Zefix, total überfordert, mit viel Glück, bleibe ich an den fast nicht vorhandenen Griffen hängen – die letzte Stelle vom Einfinger-Untergriffloch ein weiter Sprung auf waagrechte Leiste – Füße auf Reibung – überraschender Durchstieg, kanns fast nicht glauben! Bravo Kasperl!! (25 Meter, 10-)
Woher Kompass: Die Route zieht kerzengerade durch den glatten Panzer des Wieslochpfeilers unmittelbar links der "Kitzbühlerplatte" an der Waidringer Steinplatte. Die Route wurde von oben eingerichtet und mit Klebehaken versehen. Material: 10 Express. Abstieg: Abseilen über die Route (70m Einfach- oder ein Doppelseil) oder zu Fuß durch die erste westliche Scharte (Latschen) und durch die Rinne zum Wandfuß (15 min.). Wandhöhe: 120 Meter. Schwierigkeiten: 1.SL 8-, 20 m / 2.SL 9-, 20 m / 3.SL 9+, 35 m / 4.SL 7, 25 m / 5.SL 10-, 25 m. Vorarbeiten: Frühjahr und Sommer 1999 durch Manuela, Birgit, Baika und Klaus. Alle Seillängen Rotpunkt geklettert im Sommer 2000. Erstbegeher: Bertram Prinz (Baika) und Klaus Geiswinkler Dieses literarische Meisterwerk wurde an einem trostlosen Vormittag im Februar 2001 durch mehrere Bierchen inspiriert und verfasst. 

1 Kommentar:

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